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Hinweise für die Überprüfung von Ingenieurholzbauten

Neben generell im Rahmen von Begehungen oder Inspektionen zu beachtenden Kriterien (vergl. Abschnitt Überprüfungen von Gebäuden - Grundsätzliche Hinweise), finden sich im Folgenden – in Abhängigkeit der Lage der zu überprüfenden Bauteile – einige Hinweise auf besonders beachtenswerte Punkte. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass jede Konstruktion ihre Besonderheiten aufweist, wodurch die folgende Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.

Für eine erste Einschätzung des Zustandes von Holzbauteilen ist die Umsetzung der folgenden drei Grundregeln im Wesentlichen ausreichend:

  • Holz genau betrachten (Augenschein)
    Erkennen von Wasserflecken, Auswaschungen, Verfärbungen, Pilz- oder Insektenbefall, Schimmelbildung, etc. Bei Pilz- oder Insektenbefall sowie bei Schimmelbildung ist eine fachkundige Person hinzuzuziehen.
  • Verformungen
    Die Ursache von augenscheinlich hohen Verformungen sollten durch eine fachkundige Person abgeklärt werden.
  • Holz anfassen
    Ist eine feuchte Oberfläche fühlbar, kann dies auf eine oberflächliche oder auch auf eine, den gesamten Querschnitt umfassende, Durchfeuchtung zurückzuführen sein. Ist die vorhandene Eindringtiefe nicht klar begrenzt und/oder die Ursache nicht eindeutig erkenn- und behebbar, ist eine Abklärung durch eine fachkundige Person notwendig.
  • Auf Holz klopfen
    Im Rahmen von Begehungen sollten Holzbauteile mit einem Hammer „abgeklopft“ werden. Bei hohlem Klang kann das Holz, trotz optisch einwandfreiem Erscheinungsbild, innen von Schädlingen befallen sein. Im Zweifelsfall ist eine Abklärung durch eine fachkundige Person notwendig.

Unabhängig von Gebrauchsklasse und/oder Verwendung ist bei der Überprüfung von Holzbauteilen insbesondere auf die folgenden Punkte zu achten:

  • Verformungen
    Augenscheinlich große Verformungen deuten auf eine Überlastung des Tragwerkes (z. B. bei Nutzungsänderung und evtl. veränderte holztechnologische Kenngrößen (z. B. bei erhöhter Holzfeuchte) hin. Die auslösenden Ursachen sollten durch eine fachkundige Person erhoben werden.
  • Wasserflecken, Schlieren, Auswaschungen, Verfärbungen, Verwitterung
    Das Auftreten von Wasserflecken, Schlieren, Auswaschungen, Verfärbungen, Verwitterung, etc. weist auf regelmäßige Durchfeuchtung oder starke Bewitterung hin. Des Weiteren ist auf Feuchtigkeit (Kondensat) an der Holzoberfläche zu achten, da dies möglicherweise auf eine unsachgemäße Nutzung oder eine bauphysikalische Ursache zurückzuführen ist.
  • Verschmutzungen
    Jede Verschmutzung, wie z. B. Laub, Vogelkot, produktionsbedingte Ablagerungen, etc. bindet Feuchtigkeit. Dadurch wird die Lebensdauer von Holzbauteilen herabgesetzt. Um dies zu verhindern, sind Verschmutzungen regelmäßig im Zuge einer Wartung zu entfernen (z. B. mittels Druckluft).
  • Holzschutzanstriche
    Anstriche sind zu kontrollieren und bei übermäßiger Verwitterung – erkennbar durch absplitternde oder abplatzende Anstriche, faseriges Holz, Risse, etc. – fachgerecht zu erneuern. Außenanstriche von Brettschichtholzbauteilen sind in vorgegebenen Zeitabständen zu erneuern; die jeweiligen Inter valle sollten im Objektbuch verankert sein bzw. können von einer fachkundigen Person erfragt werden.

Auch bei chemisch behandeltem Holz kann der Holzschutz meist nicht über die gesamte Lebensdauer aufrechterhalten werden (z. B. bei Rissbildung). Je nach Beanspruchung durch Witterung, Feuchte, Pilze und/oder Insekten, muss ein entsprechendes Wartungsintervall (laut Objektbuch bzw. Auskunft einer fachkundigen Person) berücksichtigt werden.

  • Pilzbefall, Holzabbau (Fäule), Insektenbefall
    Pilzbefall kann durch weiße, graue oder schwarze Verfärbungen erkannt werden. Holzabbau zeichnet sich durch lose, weiche oder poröse Stellen sowie Absplitterungen ab. Das Holz lässt sich mühelos zerreiben. Auf Insektenbefall ist besonders in Rissen, Ritzen und Ecken zu achten. Anschlusspunkte, Auflagerpunkte sowie Trockenrisse sind bevorzugte Ausgangspunkte für einen Befall.
    Ausfluglöcher von Insekten, Fraßgänge und/oder Holzmehl sind erste Indizien für einen möglichen Insektenbefall. Der Zustand der Oberfläche ist gegebenenfalls durch Sichtkontrolle von einer fachkundigen Person festzustellen.
  • Risse
    Faseriges Holz und eine rissige Oberfläche im Außenbereich sind Hinweis auf eine übermäßige Bewitterung. Schwindrisse im Holz und an den Klebefugen sind aufgrund von klimatischen Bedingungen aber meist unvermeidlich. Bei tiefgehenden Rissen ist eine Risstiefenbestimmung nach Abschnitt Folgeerscheinungen von fehlendem oder mangelhaftem Holzschutz durchzuführen.
  • Verbindungen
    Eindrückungen, Verformungen und Risse im Umfeld von Verbindungen sollten von einer fachkundigen Person bewertet werden. Etwaig auftretende Korrosion oder Ausblühungen an Verbindungselementen aus Stahl, können auf eine übermäßige Feuchtebeanspruchung hinweisen. Insbesondere bei Verbindungen, welche dynamischen Beanspruchungen und wechselnden Einwirkungen (z. B. W-Verbände) ausgesetzt sind (z. B. im Bereich von Kranbahnen) ist auf die Vollständigkeit der Verbindungsmittel zu achten und etwaige Bewegungen derselbigen sind zu dokumentieren; vergl. Abschnitt Stahl-Holzverbindungen
  • Mechanische Beschädigungen
    Verletzungen bzw. Beschädigungen der Holzoberfläche behindern den schnellen Wasserablauf und sind somit zu kontrollieren und instand zu setzen.

Innen verbautes Holz (z. B. Träger einer geschlossenen und trockenen Produktionshalle) ist der Gebrauchsklasse 0 oder 1 zugeordnet (vergl. Abschnitt Nutzungs- und Gebrauchsklassen). Neben den bzw. im Sinne der generellen Kriterien sind für solche Bauteile im Besonderen folgende Punkte zu beachten:

  • Kontrolle der Auflagerpunkte sowie der Anschluss- und Knotenpunkte mit Querträgern, Pfetten, etc., nach den generellen Kriterien. Insbesondere bei Queranschlüssen ist auf Risse, welche auf überhöhte Querzugbeanspruchungen hinweisen können, zu achten.
  • Kontrolle der Holzoberflächen auf Feuchtigkeit (Kondensat, Wasserflecken, Schlieren, etc.)
    Diese sind ein möglicher Hinweis auf nicht sachgerechte Nutzung, bauphysikalische Probleme oder (insbesondere bei Dachflächen) undichte Dachabdichtungen.
  • Kontrolle der Einbauten (Lichtkuppeln, Fenster, Gullys, etc.) auf ihre Funktionstüchtigkeit und Dichtheit Im Bereich der Einbauten ist auf Verfärbungen, Auswaschungen, Schlieren, Korrosionserscheinungen oder Feuchtigkeit zu achten.
  • Kontrolle der Entwässerungsrohre bei innenliegender Entwässerung auf Verschmutzung und Funktionalität. Nach Unwettern bzw. erheblichen Regenfällen ist das Bauwerk auf Wassereinbrüche zu kontrollieren.

Durch ein (Vor-)Dach geschützte Holzbauteile im Außenbereich sind der Gebrauchsklasse 1 oder 2 zugeordnet (z. B. Träger einer offenen Lagerhalle oder eines Carports); vergl. Abschnitt Nutzungs- und Gebrauchsklassen. Neben den bzw. im Sinne der generellen Kriterien sind für solche Bauteile im Besonderen folgende Punkte zu beachten:

  • Kontrolle der Auflagerbereiche der Haupttragstruktur auf Verschmutzungen, Verfärbungen, Auswaschungen etc.
  • Insbesondere die Oberseite und auch Stirnflächen der Tragstruktur müssen vor Witterungseinflüssen geschützt sein und auch bleiben (Abdeckungen durch Holz oder Verblechungen kontrollieren).
  • Kontrolle und Reinigung der Entwässerungseinrichtungen (Regenrinnen), um Wasserrückstauungen und Spritzwasser zu vermeiden.
  • Beim Auftreten von Wasserschlieren am Tragwerk ist das Dach auf undichte Stellen oder auf eine fehlerhafte Dachdeckung hin zu kontrollieren.

Eine intakte Dachabdichtung sowie eine funktionierende Entwässerung ist eine Grundvoraussetzung für eine dauerhafte Holzkonstruktion. Bei der Kontrolle derselbigen ist insbesondere auf die folgenden Punkte zu achten:

  • Kontrolle der Dachhaut bzw. Dacheindeckung auf Beschädigungen, Bewuchs, Verschmutzungen (insbesondere im Bereich von Aufbauten, Durchdringungen, in Eckbereichen).
  • Bei Flach- und Foliendächern ist besonderes Augenmerk auf die Abdichtungsebene zu legen (z. B. bei Anschlüssen an Einbauten, Hochzügen, Überlappungen, in Eckbereichen).
  • Einbauten wie Lichtkuppeln, Gullys, Notüberläufe, etc. sind auf ihre Funktionalität, auf Beschädigungen sowie fehlende Befestigungsmittel hin zu überprüfen.
  • Kontrolle der Entwässerungseinrichtungen – Reinigen von Regenrinnen, Gullys, Laubfangkörben, Abflussrohren. Ist eine ungehinderte Entwässerung nicht möglich, kann rückstauendes Wasser in die Dachkonstruktion eindringen und Wärmedämmung, Holz, elektrische Leitungen, etc. beschädigen.
  • Kontrolle der Dachfläche auf Wassersackbildung und stehendes Wasser (ein Hinweis darauf kann Algenbildung sein) – gegebenenfalls Dachneigung mit Wasserwaage kontrollieren.
  • Auf Verschmutzungen oder Verformungen im Bereich von Aufbauten ist zu achten (stehendes Wasser, Verschmutzungen, Algen – gegebenenfalls Dachneigung mit Wasserwaage kontrollieren).

Randträger sowie Sockelbereiche von Holzwänden und -stützen sind, sofern sie nicht durch ein Vordach oder anderwärtig geschützt sind (z. B. durch vorgesetzte Fassadenelemente), der Gebrauchsklasse 3 zuzuordnen.

Neben den bzw. im Sinne der generellen Kriterien sind für solche Bauteile im Besonderen folgende Punkte zu beachten:

  • Kontrolle der Auflagerbereiche von Randträgern auf Verschmutzungen, Verfärbungen, Auswaschungen etc.
  • Kontrolle der Sockelbereiche von Holzwänden und -stützen auf Verschmutzungen und Beschädigungen im Hinblick auf die Gewährleistung eines schnellen Wasserablaufs.
  • Abstand (min. 30 cm) zwischen Holz und Boden ist aufrecht zu erhalten; etwaige Aufschüttungen oder Lagergüter sind zu entfernen (Spritzwasserschutz); weiters ist ein allfälliger Bewuchs ist zu entfernen. Etwaig vorhandene Holzschutzmaßnahmen (Verblechungen, Anstriche, etc.) sind auf ihre Funktionstüchtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren; vergl. Abb. 1.
abgewitterte Randträger; Veralgungen und zu erneuernder Anstrich
Abb. 1: abgewitterte Randträger; Veralgungen und zu erneuernder Anstrich

Überdachte Außenverschalungen sind der Gebrauchsklasse 1 oder 2 zugeordnet, frei bewitterte Außenverschalungen der Gebrauchsklasse 3; vergl. Abschnitt Nutzungs- und Gebrauchsklassen. Ist eine Fassade nicht als Verschleißteil (geplanter Austausch der Elemente nach einer bestimmten Zeit) konzipiert, ist der aufgebrachte Oberflächenschutz (i.d.R. Anstrich) in regelmäßigen Abständen (gemäß Objektbuch bzw. Information einer fachkundigen Person) zu warten.

Neben den bzw. im Sinne der generellen Kriterien sind für solche Bauteile im Besonderen folgende Punkte zu beachten:

  • Kontrolle auf Verschmutzungen und Beschädigungen (im Hinblick auf die Gewährleistung eines schnellen Wasserablaufs) im Sockel- und Dachbereich (Anschlusspunkte zur Hauptkonstruktion) sowie bei Durchdringungen jeglicher Art.
  • Abstand (min. 30 cm) zwischen Holz und Boden ist aufrecht zu erhalten; etwaige Aufschüttungen oder Lagergüter sind zu entfernen (Spritzwasserschutz); weiters ist ein allfälliger Bewuchs ist zu entfernen.
  • Kontrolle von Verblechungen oder anderen Abdeckungen auf Beschädigungen bzw. bei Verblechungen auf Korrosionserscheinungen.
  • Kontrolle der Befestigungsteile von Fassadenelementen oder Verblechungen auf Vorhandensein und Zustand (Korrosion).
  • Kontrolle der Fassade auf mechanische Beschädigungen, Verformungen, etc.
  • Kontrolle der Fassadenelemente wie Glasflächen, Fenster und Verblechungen auf Feuchtigkeit (Kondensat) sowie der Holz-Anschlussbereiche auf Verfärbungen, Auswaschungen, Schlieren, etc. (auch im Bereich von Anbauten wie z. B. Beleuchtungskörper, Schilder, Klimageräte, etc.)
  • Kontrolle des dauerelastischen Materials bei Fugen und Anschlüssen (z. B. bei Übergängen zu Glasflächen) auf Vorhandensein und Funktionalität (Beschädigungen, Materialzustand, Dichtheit, etc.).
  • Kontrolle und Reinigung der Entwässerungseinrichtungen (Verblechungen, Rinnen, Rohre, etc.)