Zeige Quelltext Ältere Versionen Links hierher Zu Buch hinzufügen PDF exportieren Seite umbenennen Inhaltsverzeichnis Einleitung Massivbauweisen – Allgemeines Stahlbeton-Massivbauweise Allgemeines Eine historische Betrachtung Plattenbau – Quantität versus Qualität? Resümee und das Heute Holz-Massivbauweise – Bekanntes neu interpretiert oder „Innovation baut auf Tradition“ Allgemeines Historische Betrachtung Querschnitte | Kombinationen | Bauteile | Systeme Entwicklungstrends Resumee Referenzen Dies ist eine alte Version des Dokuments! Einleitung Massivbauweisen – Allgemeines Spricht man im Bauwesen von Bauweisen, so meint man damit gewöhnlich die Art und Weise wie Elemente zu einer Tragkonstruktion gefügt werden und sehr oft umfasst man damit auch jene Materialien, welche für deren Manifestierung herangezogen werden. Setzt man nun entweder den Überbegriff „Massiv“ oder „Leicht“ vor dem Begriff „Bauweise“, spricht man im Weiteren von der „Massivbauweise“ oder von der „Leichtbauweise“, ohne dabei ein bestimmtes Material – z. B. „Beton“ für „massiv“ oder „Holz“ für „leicht“ – für die eine oder andere Bauweise vereinnahmt zu haben. Sehr oft wird jedoch unter dem Begriff „Massivbau“ ausschließlich das „massive“ Bauen mit Stein, Ziegel und/oder Beton verstanden; man spricht vom Mauern einer (massiven) Ziegelwand oder vom Versetzen einer (massiven) Stahlbetonplatte. Betrachtet man die Begriffe „Massivbauweise“ und „Leichtbauweise“ materialneutral, so lassen sich diese wie folgt vertiefen und mit den unterschiedlichen Materialien z. B. zur „Ziegel-Massivbauweise“, zur „Stahlbeton-Massivbauweise“ oder eben zur „Holz-Massivbauweise“ kombinieren, womit eine hinreichende Differenzierung gewährleistet erscheint und zudem die Materialeigenschaften berücksichtigt und angesprochen werden können. Dies bedeutet: Die durch die Verwendung flächenhafter Elemente gekennzeichnete „Massivbauweise“ kann über materialabhängige – z. B. baustatische und bauphysikalische – Aspekte näher definiert werden. Im Folgenden soll insbesondere auf die Entwicklungsgeschichte der „Stahlbeton-Massivbauweise“ eingegangen, im Anschluss daran die „Holz-Massivbauweise“ dargelegt und Analogien zwischen beiden erläutert werden. Abb. 1: Gliederung der Bauweisen Stahlbeton-Massivbauweise Allgemeines Durchaus nachvollziehbar könnten sich die Leser die Frage stellen, was die Darlegung der Entwicklungsgeschichte des Stahlbetons (Anmerkung: bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts sprach man von Eisenbeton) mit der Holz-Massivbauweise zu tun und somit im vorliegenden Buch zu suchen hat. Es soll versucht werden, den Prozess dieser eindrucksvollen Entwicklung mit den Meilensteinen, den damit verbundenen Persönlichkeiten und den Auswirkungen darzulegen und zu analysieren, um mögliche Parallelen und Analogien zum gegenwärtig laufenden Entwicklungsprozess der sogenannten Holz-Massivbauweise darzustellen. Eine historische Betrachtung Phase 1 (circa 1850 bis 1880): Ideen | Patente | Prototypen Am Beginn der Entwicklung des Stahlbetons stehen beispielsweise die Produktideen eines W. B. Wilkinson (Stuckateurmeister, 1854): feuerbeständige Deckenkonstruktion aus mit Drahtseilen bewehrtem Zementbeton, eines J. L. Lambot (Gutspächter, 1855): Ersatz von Holz durch „ferciment“ bei Feuchtegefahr und eines J. Monier (Handelsgärtner, 1867): Behälter für den Gartenbau aus Eisen und Zement. Allesamt hatten die erwähnten Überlegungen nichts bis nur wenig mit dem Baubereich selbst zu tun. Diesbezüglich erwähnenswert sind der französische Bauingenieur F. Coignet, 1855: kreuzweise bewehrte Decke und Häuser vollständig aus Beton und 1867: Träger aus bewehrtem Beton, die ab 1855 durchgeführten Versuche von Th. Hyatt, welche 1878 in ein für den Stahlbeton wichtiges US-Patent mündeten und die insbesondere im Bauwesen bekannten „Monier-Patente“, ebenfalls aus dem Jahre 1878. Das Jahr 1878 kann mit Recht als das Jahr der entscheidenden Patente für die Stahlbetonbauweise gesehen werden. Man hatte das Tragverhalten und das darin schlummernde Potenzial für das Bauwesen erkannt. Phase 2 (circa 1880 bis 1910): Pilotprojekte | Markteinführung | Verbreitung Danach folgten Erprobung, Einsatz und Verbreitung dieser neuen Bauweise. Entscheidendes fehlte jedoch noch: Konstruktions- und Bemessungskonzepte sowie die Festlegung von Materialanforderungen. In Deutschland sorgte dafür M. Koenen. Nach umfangreichen Versuchen im Auftrag der Beton- und Monierbau AG von G. A. Wayss folgte – rund 10 Jahre nach dem Patent – im Jahre 1887 die Herausgabe der heute noch bekannten „Monierbroschüre“ [1] und im Jahre 1904 (also rund 17 Jahre später) die Stahlbetonbestimmungen Preußens. Ähnliches passierte in Frankreich durch F. Hennebique. Er besuchte 1867 die Weltausstellung in Paris, sah dort als 25jähriger die manifestierten Überlegungen eines J. Moniers und F. Coignets, war von diesen Ideen begeistert und überzeugt und widmete sein weiteres Schaffen dieser Bauweise. Er war verantwortlich für die unvergleichliche Verbreitung dieser Bauweise, schaffte ein international agierendes Netzwerk basierend auf den Lizenzvergaben für seine Patente – 1892: Plattenbalkenpatente (Abb. 2) – und war mitverantwortlich für die Errichtung von rund 35.000 innovativen Bauwerken und Konstruktionen. Im Jahre 1906 kam es dann schließlich zur Standardisierung der Stahlbetonbauweise in Frankreich. Resümierend: Von der festgeschriebenen Idee in Form eines Patentes – 1878 – erforderte es rund 10 Jahre bis zur Etablierung anerkannter Berechnungsansätze in Form der „Monierbroschüre“ – 1887 – und über Erprobung und Verbreitung weitere 15 bis 20 Jahre bis zur Standardisierung in den Jahren 1904 und 1906. Damit war die Stahlbetonweise endgültig anerkannt und etabliert und somit für die breite Anwendung offen. Abb. 2: F. Hennebique, Plattenbalkenpatent 1892 [2] Phase 3 (ab 1910 bis heute): Wachstum | Reife | Degeneration (Plattenbau) Insbesondere sorgten die Bauingenieure F. Emperger – Betonkalender – und E. Mörsch – Handbuch – für eine inhaltlich hoch stehende Verbreitung dieser Bauweise. Drei Persönlichkeiten seien erwähnt, welche entscheidend dazu beitrugen, dass die Stahlbetonbauweise ihren begonnenen Siegeszug fortsetzen und ausbauen konnte und ihre Würdigung unter Ingenieur- und Architektenkreisen fand: R. Maillart, Le Corbusier und W. Gropius. R. Maillart patentierte im Jahre 1908 seine Überlegungen zur Pilzdeckenkonstruktion und zeichnete für die – noch heute kaum zu übertreffenden – genialen Brückentragwerke seiner Zeit verantwortlich | Zitat: „Eine allgemeine Lockerung der Vorschriften im Sinne der Zuweisung einer größeren Verantwortung an den konstruierenden Ingenieur würde sehr zur Verbesserung unserer Bauwerke beitragen. Vor allem dürften die Vorschriften nicht schon bei dem Studierenden angelernt werden, da dies der Freiheit seines Blickfeldes nur abträglich sein kann“; Le Corbusier kommt im Jahre 1909 während seiner Tätigkeit im Büro Perret | Paris mit dem Stahlbeton in Kontakt, entwickelt Bausysteme – „Dom-ino“ – und verfasst seine fünf Punkte zur Architektur | Zitat: „Das Haus ist eine Maschine zum Wohnen“; W. Gropius verfolgt ebenfalls die Idee von Baukastensystemen und befasst sich mit der Suche von Lösungen für den Massenwohnbau. Der Stahlbeton sollte in diesem Zusammenhang noch eine entscheidende – wenn auch nicht rühmliche – Rolle spielen. Dazu W. Lotter (Auszug aus „Der Freiraum“, brand eins 10/2009 – „Schwerpunkt Stadt“): Le Corbusier liebt als Baustoff ganz besonders den sogenannten Sichtbeton. Bei dem zeichnen sich die Abdrücke der Bretterverschalung nach dem Trocknen klar ab. Es gibt keinen Putz, keine Farbe. Im Französischen heißt dieser Baustoff béton brut – und er gibt dem Baustil seinen Namen: Brutalismus. Die Rohheit kommt in die Städte. Es ist unübersehbar. Le Corbusier nennt seine Wohnhäuser „Wohnmaschinen“ – und das ist ganz ernst gemeint. Seine unzähligen Epigonen bauen wild nach dieser Methode. Das Modell wird Vorbild für die Plattenbauten der DDR und die meisten trostlosen Trabantenstädte in Ost und West. „Die reinen Zweckformen der Technik und Industrie“ sind Le Corbusier nicht genug. Wer nach industriellem Standard plant, muss auch den Menschen in diese Norm einpassen. Seit 1942 arbeitet Le Corbusier an seinem „Modulor“, einem Proportionssystem, bei dem ein normierter Durchschnittsmensch alle weiteren Maßreihen bei Bauten beeinflusst. Der Standardmensch ist zunächst 1,75 Meter groß, eher ein Männchen, in den fünfziger Jahren darf er auf 1,83 Meter wachsen. Le Corbusier legt fest, wie hoch Decken sein dürfen und wie breit Räume, alles so angelegt, dass der „Modulor“ reinpasst – gerade eben. Das Meisterwerk dieses Brutalismus steht in der Nähe der französischen Stadt Lyon. Es ist das Kloster Sainte-Marie de La Tourette. Das ganz besondere Tourette-Syndrom zeigt sich nicht nur von außen, in einem grauen Klotz, der an einen Flakturm aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert. Die Zellen der Dominikanermönche zeigen, wie man „bewusst hergebrachte Konventionen“ abwirft: Sie sind alle 2,26 Meter hoch und 1,83 Meter breit. In Berlin baut Le Corbusier ein Wohnhaus – er nennt es Wohneinheit –, aber die Behörde fordert eine Deckenhöhe von zweieinhalb Metern. Der Meister distanziert sich. 25 Zentimeter mehr Freiraum sind für ihn nicht akzeptabel. Plattenbau – Quantität versus Qualität? Die Grundlagen und Überlegungen für einen Massenwohnbau lagen vor, der Stahlbeton war etabliert und Wohnungen wurden benötigt. Ideale Bedingungen möchte man meinen. Ab den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden insbesondere im Osten Millionen von Wohneinheiten im sogenannten Plattenbau in Großtafelbauweise (Abb. 3) mit Stahlbetonfertigteilen errichtet. Heute, rund 50 Jahre danach, wird – insbesondere aufgrund der Wohnungsleerstände – von Rückbau gesprochen. Was waren die entscheidenden und negativ zu bewertenden Merkmale dieses Plattenbaus? Im Abschlussbericht „Baustoff- und Bauproduktrecycling von 5-geschossschossigen Plattenbauwohngebäuden an Beispielen im Freistaat Thüringen – Arbeitspaket VIII“ wird dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Dort wird – neben weiteren Aspekten – insbesondere von „Quantität vor Qualität“, der „Entpersonifizierung“ und der „Uniformität des Bauens gesprochen“. Abb. 3: Plattenbau in Großtafelbauweise Was sollte der Holz-Massivbau daraus erkennen und ableiten? Auch beim Holz-Massivbau handelt es sich dem Prinzip nach um eine, zu der mit Stahlbetonfertigteilen realisierten Plattenbauweise, analoge Bauweise. Auch der Holz-Massivbau kennt und verwendet Kleintafeln, Großtafeln und Raumzellen (Tab. 1). Tab. 1: Unterschiedliche Plattenbauweisen Bauweisen Konstruktion Kleintafel Fugen im Raum Großtafel fugenlose Raumbegrenzung Raumzelle Grundriss Raster in einer Richtung, keine Bindung kein Raster notwendig, Bindung ist die Transportmöglichkeit Raster, Bindung ist die Transportmöglichkeit Fabrikation typisierte Elemente serienmäßig mit vorhandener Einrichtung keine Typenelemente serienmäßig Spezialeinrichtung keine Typenelemente Serien? Spezialeinrichtung Transport Montage vorhandene Fahrzeuge und Hebegeräte Tieflader schwere Hebegeräte Tieflader schwere Hebegeräte Ausbau überwiegend am Bau überwiegend in der Werkstatt überwiegend in der Werkstatt Resümee und das Heute Der Rückbau zahlreicher Plattenbausiedlungen in Osteuropa – vorwiegend unter Zuhilfenahme der Abrissbirne – ist bereits seit geraumer Zeit im Gange. Rückbau und in seltenen Fällen Recycling bestimmen das Bild an der Peripherie ostdeutscher Städte. Ein positives Beispiel stellt das Projekt „Cottbus-Sachsendorf-Madlow“ von Architekt F. Zimmermann dar. Von drei 11-geschossigen Plattenbauhochhäusern aus den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden zwei grundlegend saniert und aufgewertet; ein 11-Geschosser wurde Platte für Platte demontiert und an derselben Stelle entstanden aus den so recycelten Plattenbauteilen fünf 2- bis 3-geschossige „Stadtvillen“ (Abb. 4), welche im Jahre 2002 bezugsfertig waren. Man kann hier von einem Rückbau auf menschenwürdige Wohnformen und -räume sowie Größenordnungen sprechen, womit die Frage verbunden ist, ob sich der Holzbau im Allgemeinen und die Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz im Besonderen nicht besser diesen fragwürdigen und problembehafteten „Ausflug“ in die Superlative des „noch-höher-bauen-wollens“ ersparen sollte. Wir wissen es: Der Holzbau könnte es, aber muss er? Im Jahre 1907 wurde das erste 8-geschossige Stahlbetonobjekt in Glasgow realisiert, 1909 ein 15-geschossiges in Liverpool. Rund 100 Jahre später (2007) erfolgt die Realisierung des ersten 8-geschossigen Wohnbaus in Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz in London und nicht unbekannt sind die Überlegungen zu 15- bis 20-geschossigen Objekten in dieser Bauweise. Es scheint so, als würde mit dem Brettsperrholz nunmehr ein konkurrenzfähiges flächenhaftes Holzprodukt als Alternative zur Stahlbeton-Massivbauweise zur Verfügung stehen. In dieser Aufbruchstimmung sieht man naturgemäß nach vorne; allerdings sollte man den Rückblick nicht scheuen und aus gemachten Fehlentwicklungen – siehe Plattenbau aus Stahlbeton – lernen. Übernehmen wir „Bewährtes“ und vermeiden wir „Unbewährtes“. Abb. 4: Ein 11-geschossiger Plattenhochbau wird zu höherwertigen „Stadtvillen“ recycelt Holz-Massivbauweise – Bekanntes neu interpretiert oder „Innovation baut auf Tradition“ Allgemeines Generell kann im Holzbau zwischen Holz-Leicht- und -Massivbauweisen unterschieden werden, wobei zur Lastabtragung in beiden Fällen entweder stabförmig oder vorwiegend flächenförmig wirkende Elemente bzw. Produkte zum Einsatz kommen können. Unterschiede in den Wandaufbauten dieser beiden Holzbauweisen sind der Abb. 5 zu entnehmen. Wie aus Abb. 5 ebenfalls ersichtlich ist, handelt es sich bei der sogenannten Holz-Massivbauweise um keine wirklich neue Bauweise des Holzbaus, sondern vielmehr um eine der ältesten Bauweisen der Menschheitsgeschichte überhaupt. So sind als traditionelle Holz-Massivbauweisen einerseits die Stabbauweise Skandinaviens und die Blockbauweise der alpinen Regionen bekannt. Bei der Stabbauweise werden stabförmige Holzprodukte wie Rundholz oder Vollholz Mann-an-Mann in wandbildender Form versetzt. Die Lastabtragung der vertikalen Lasten erfolgt somit in Faserrichtung. Bei der im alpinen Raum, aber auch in Ostregionen (beispielsweise Russland), bekannten Blockbauweise werden die stabförmigen Elemente horizontal – also liegend – angeordnet; die vertikalen Lasten in der Wandebene werden somit senkrecht zur Faserrichtung abgetragen (Abb. 5). Holz-Massivbauweisen bestimmen die Baukultur der waldreichen Regionen Europas und sind für unser baukulturelles Verständnis wohl auch heute noch bedeutsamer als viele annehmen und erwarten würden (Hinweis: Alpenkonvention). Das massive Bauen mit Holz wurde schließlich von den ebenfalls massiven Baustoffen Stein, Ziegel, später Stahlbeton (siehe oben) sukzessive verdrängt. Baustoffunabhängig wird die Tatsache als wichtig erkannt, dass damit auch weiterhin das Massive im Vordergrund stand. Auch wenn – neben der Verwendung holzfremder Bauprodukte – Holz-Leichtbauweisen und die damit verbundene industrielle Umsetzbarkeit zu vorgefertigten und leicht transportierbaren Wand-, Dach- und Deckenelementen ein wirtschaftliches Zusammenfügen zu Objekten zuließen und damit die – zugegebenermaßen den architektonischen Ansprüchen und Entwicklungen wenig entgegenkommenden – traditionellen Formen der Holz-Massivbauweisen ins Abseits zu stellen vermochten, so blieben sie – gemeint sind die Entwicklungstendenzen im Holz-Massivbau – doch beständig am köcheln. Der Durchbruch gelang in den 80er- und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Entwicklung des flächenförmig wirkenden Holzbauproduktes Brettsperrholz (kurz: BSP). Abb. 5: Wandaufbauten, Vergleich und Entwicklung von Holz-Leicht- und -Massivbauweisen Interessant – aber eigentlich logisch – ist wohl die Tatsache, dass diese Entwicklung im deutschsprachigen Alpenraum – Österreich, Schweiz und Deutschland (Bayern) – ihren Ausgangspunkt fand. Betrachtet man die Abb. 5, so stellt die Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz eigentlich eine konsequente und logische Weiterentwicklung basierend auf den beiden erwähnten traditionellen Holz-Massivbauweisen – Stabbauweise + Blockbauweise – dar. Tatsächlich könnte man trivial gesehen von einer Addition dieser beiden Bauweisen sprechen (daher auch das „+“). „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ (Aristoteles). In diesem Sinne ist der innovativen Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz zu attestieren, dass auch hier mehr als die Summe der Eigenschaften der beiden erwähnten Bauweisen vorliegt. Der Klebetechnologie ist es in diesem Zusammenhang zu verdanken, dass großformatige und als Flächentragwerk lastabtragende Elemente produzierbar sind, die zugleich mit bauphysikalischen Vorteilen ausgestattet sind. Weiters konnten damit die Hauptnachteile der Stab- und Blockbauweise – das Schwinden und Quellen quer zu Faser – eliminiert werden. Die Alpenkonvention beinhaltet die Verpflichtung einer nachhaltigen Entwicklung des für Europa bedeutsamen Alpenraumes. Neben einer Vielzahl von Zielen und Maßnahmen wird ein Augenmerk auf die Wahrung der regionalen Identitäten und kulturellen Besonderheiten gelegt. Darüber hinaus sieht man die Verpflichtung, Bauten in ressourcenschonender sowie in umwelt- und landschaftsgerechter Weise zu errichten. Die traditionelle Holz-Massivbauweise in Form der Blockbauweise entspricht naturgemäß dieser Konvention. Die Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz stellt die logische innovative Weiterentwicklung der Blockbauweise dar, verbindet diese zudem mit der traditionellen skandinavischen Stabbauweise und sieht sich nunmehr mit der bedeutungsvollen Situation konfrontiert, dass die daraus resultierende Allgemeingültigkeit dieser Bauweise nicht nur für den alpinen, sondern für den gesamteuropäischen Raum (z. B. Italien, England, etc.) und auch in Überseeregionen (z. B. Kanada, Japan, etc.) Relevanz bekommen hat. Damit einher geht auch der wirtschaftliche Erfolg insbesondere für die alpinen Regionen, womit auch in dieser Thematik die Forderungen der Alpenkonvention erfüllt werden können. Nicht zufällig haben alle relevanten BSP-Produzenten und Anbieter dieser Bauweise ihre Betriebs- und Produktionsstätten in den alpinen aber auch skandinavischen Regionen (Binder Holzbausysteme GmbH, Binder Brettsperrholz BBS|Tirol; Mayr Melnhof Systemholz Gaishorn GmbH, MM- BSP|Steiermark; KLH Massivholz GmbH, KLH-Massivholzplatten|Steiermark; Stora Enso Timber, CLT-Cross Laminated Timber|Kärnten; Wigo-Haus|Kärnten; Schilliger Holz-Industrie AG, Schilliger Grossformatplatte GFP|Schweiz; Finnforest Merk GmbH, Merk-Dickholz|Deutschland (Bayern); Herrsteller in Skandinavien: Setra Trävaror AB|Schweden; Martinsons byggsystem AB|Schweden; KLH solid wood Scandinavia AB|Schweden; Moelven Massivtre AS|Norwegen). Eine Ausweitung der Produktionsstätten auf Regionen im Osten Europas – z. B. Russland – und auf weitere waldreiche Regionen weltweit – z. B. Kanada – und die damit verbundene Verwendung dort beheimateter regionaler Holzarten für die Herstellung von BSP könnten folgen. Es stellt sich noch die Frage, wann und warum die Holzdecken im Allgemeinen und die massive Dippelbaudecke im Besonderen als breit verwendetes Konstruktionselement – siehe Einsatzbereich „Gründerzeitobjekte des 19. Jahrhunderts“ – mehr oder weniger aus dem Baugeschehen weichen mussten. Das „Wann“ lässt sich auf den Zeitraum zwischen 1900 und 1910 eingrenzen. Um die Jahrhundertwende gelang das flächenhafte Gießen von Beton und damit die wirtschaftliche Herstellung von Deckenplatten. Nach Versuchen von C. A. P. Turner (USA/1906) und R. Maillart (Schweiz/1908) kam es in der Schweiz im Jahre 1910 erstmals zum Einsatz einer Pilzdecke beim Bau eines Lagerhauses in Zürich, womit schlussendlich der Weg für wirtschaftliche „Stützen-Platten-Konstruktionen“ in Stahlbetonbauweise offen stand und das Ende der als brandgefährdet eingestuften Deckenkonstruktionen in Holzbauweise eingeläutert wurde. War die von F. Hennebique im Jahre 1898 vorgeschlagene Deckenkonstruktion noch eine den Holz- und Stahlbausystemen entlehnte Bauform, so entsprach die von R. Maillart im Jahre 1910 eingesetzte Pilzdecke und in Folge das von Le Corbusier im Jahre 1914 erdachte Bausystem „Dom-ino“ – Einsatz von Flachdecken – jenen Möglichkeiten, die dem Stahlbeton gerecht werden konnten (Abb. 6). Damit sollte auch das „Warum“ beantwortet sein. Abb. 6: Entwicklung des Stahlbetonbaus in Bezug auf Stützen-Platten Systemen Mit dem flächenhaften Produkt Brettsperrholz steht nun auch der Holz-Massivbauweise die Möglichkeit offen, neben liniengelagerten einfeldrigen und durchlaufenden Flachdecken, auch punktgelagerte Flach- und Rippendecken umsetzen zu können (Abb. 7). Abb. 7: Brettsperrholz als Deckenelement in verschiedenen Ausführungsvarianten Historische Betrachtung Phase 1 (circa 1970 bis 1995): Ideen | Patente | Prototypen Das Bauen mit geschichteten Holzstrukturen unter Verwendung von Brettern lässt sich bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen. So wurden im Jahre 1896 in Russland von V. G. Schuchow eine weit gespannte Holzschale für einen Ausstellungspavillon und 1908 von Kalep zwei Flugzeughangars – ebenfalls in Russland – in Form eines patentierten zweilagigen Dachflächentragwerkes realisiert. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts werden weltweit zahlreiche Hypar-Schalen in Holzbauweise errichtet. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das dreilagig mechanisch verbundene Dachflächentragwerk, welches im Jahre 1969 für die Errichtung eines Ausstellungs-Pavillons in Dortmund zur Ausführung kommt. Im Jahre 1974 verfasst E. Cziesielski für das Holzbau-Taschenbuch einen Beitrag zum Thema „Hölzerne Dachflächentragwerke“. In einem Kapitel befasst er sich mit „Mehrschichtigen Verbundkörpern aus Brettern und Bohlen“ und erwähnt die mechanische und seiner Auffassung nach bessere quasi starre – in Form einer Verklebung erreichbaren – Verbundwirkung zwischen den mindestens zwei besser drei und mehr Einzellagen. G. Dröge und K.-H. Stoy beschreiben in ihrem Buch „Grundzüge des neuzeitlichen Holzbaus“ im Jahre 1981 ein Produkt „Brettsperrholz“ und verbinden damit dreilagige flächenhafte Elemente, welche „vorzugsweise für Stege in Vollwandträgern“ zur Anwendung kommen. Damit kann bekanntermaßen eine hohe Schubfestigkeit erreicht werden. In einem Beisatz wird auch der Einsatz für die „Eindeckung von Flächen“ erwähnt (Abb. 8). Abb. 8: 3-schichtiges Brettsperrholz nach G. Dröge/K.-H. Stoy 1985 befasst sich N. Lischke – Universität der Bundeswehr München – in seiner Dissertation mit der „Anisotropie von Verbundwerkstoffen am Beispiel von Brettlagenholz“. An Beispielen 3-lagiger Plattenaufbauten werden in dieser Arbeit die Unterschiede zwischen nachgiebigem und starrem Verbund aufgezeigt. 1989 verwendet A. Steurer (CH) den Begriff „Brettsperrholz“ zur Definition von als Scheibe und Platte beanspruchten Fahrbahntragstrukturen. Zu diesem Zeitpunkt liegen nun die beiden Begriffe „Brettlagenholz“ und „Brettsperrholz“ vor, wobei anzumerken ist, dass das mit „Brettsperrholz“ heute in Verbindung gebrachte Produkt und das damit verbundene Potenzial zu diesem Zeitpunkt nur in Ansätzen und von wenigen erkannt wurde. Auf wissenschaftlicher Ebene folgt nach fünfjähriger Forschungstätigkeit von 1990 bis 1994 im Jahre 1994 die Dissertation von G. Schickhofer – Technische Universität Graz – zum Thema „Starrer und nachgiebiger Verbund bei geschichteten flächenhaften Holzstrukturen“, welche noch im selben Jahr im Rahmen des 1st Congress of the Croatian Society of Mechanics international zur Diskussion gestellt wurde. Abb. 9 zeigt zwei mögliche Anwendungsbereiche, welche Teil des erwähnten Beitrages sind. Abb. 9: Wettbewerb „Eissporthalle Dornbirn“ und Vorprojekt für ein viergeschossiges Wohnhaus in Holz-Massivbauweise aus dem Jahre 1994 Parallel zu den wissenschaftlichen Aktivitäten kommt es in den Jahren 1993 bis 1995 in der Schweiz auf Initiative von P. Schuler und in Deutschland von K. Moser zur Errichtung erster Wohnbauten, welche durchaus als Prototypen der heute bekannten Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz zu verstehen sind (siehe Abb. 10). Der Begriff „Brettsperrholz“ ist zwar bekannt (siehe oben), wird jedoch mit diesen ersten Bauten nicht in Verbindung gebracht. Abb. 10: „Dickholz durch Vakuum“, Wohnanlage Aichach Geht man näher auf die Begriffe „Brettlagenholz“ und „Brettsperrholz“ ein, so könnte dies leicht dazu verführen, von bedeutungsgleichen Begriffen zu sprechen. Dem ist allerdings nicht so. „Brettlagenholz“ umfasst das weit gefasste Thema der „Schalendächer in Holzbauweise“ – somit 3D-Strukturen –, worin auch schalenartige Gitterroststrukturen (Abb. 11) Platz finden. Abb. 11: Allgemein – Brettlagenholz: a) Einsatz z. B. in Form einer schalenartigen 3D-Gitterrostkonstruktion am Beispiel der EXPO Hannover; b) „offenes“ 2D-Element; Speziell – Brettsperrholz: c) Einsatz z. B. in Form von 2D-Wand-, Dach- und Deckenelementen; d) „geschlossenes“ fugenfreies 2D-Element; Eine Definition für „Brettlagenholz“ findet sich in der Dissertation von A. Jakobs (siehe unten ). Dort heißt es: „Brettlagenholz ist ein Holzwerkstoff auf Vollholzbasis und oder Holzwerkstoffbasis mit einem flächigen Trag- und Verformungsverhalten, der aus mindestens 3 Brettlagen besteht, die beidseitig starr oder nachgiebig und schmalseitig nicht verbunden sind, deren Ausrichtung von nahezu deckungsgleich bis orthogonal variieren kann und die einzelne Brettlage aus Vollholz durch schmalseitiges Anordnen von gleich hohen „Brettern“, Mindesthöhe 6 mm, erzeugt wird, die knirsch oder mit Abstand verlegt sein können.“ Worin liegt nun der Unterschied zwischen „Brettlagenholz“ und „Brettsperrholz“? Dem ersten Anschein nach könnte man die Auffassung vertreten, dass die oben erwähnte Begriffsdefinition für „Brettlagenholz“ auch den Begriff „Brettsperrholz“ umfasst. Bei „Brettsperrholz“ sprechen wir jedoch vorzugsweise von 2D-Platten- oder -Scheibenelementen, welche ebenfalls aus mindestens drei Brettlagen bestehen und quasi starr (also nicht nachgiebig) – über Verklebung – miteinander verbunden sind. Anders als bei „Brettlagenholz“ strebt man bei „Brettsperrholz“ eine sogenannte „Mann-an-Mann“-Anordnung der Bretter innerhalb einer Brettlage an, weshalb keine planmäßigen Fugen zwischen den Brettern vorgesehen sind (Abb. 11 b und d). Phase 2 (circa 1995 bis heute): Pilotprojekte | Markteinführung | Verbreitung Im Jahr 2000 wird im Rahmen der COST Action E5 „Timber Frame Building Systems“ in Venedig der Beitrag „Solid Timber Construction – A Construction System for Residential Houses, Offices and Industrial Buildings“ – Verfasser: G. Schickhofer und B. Hasewend – zur Diskussion gestellt. In diesem Beitrag wird der Begriff „Cross Laminated Timber (CLT)“ erstmals als der ins Englische übersetzte Begriff für Brettsperrholz verwendet. Im Jahre 2002 publiziert R. Bosl – Universität der Bundeswehr München – seine Dissertation mit dem Titel „Zum Nachweis des Trag- und Verformungsverhaltens von Wandscheiben aus Brettlagenholz“ (an der Universität der Bundeswehr München verwendet man weiterhin den (Über)Begriff „Brettlagenholz“). Ab 2003 werden an der Technischen Universität Graz im Rahmen des K-Programmes die Forschungs- und Entwicklungstägigkeiten im Themenfeld intensiviert, welche mit Beginn 2008 im COMET-Programm ihre Fortsetzung finden. Es folgt im Jahr 2004 die Dissertation von A. Scholz – Technische Universität München – mit dem Titel „Beitrag zur Berechnung von Flächentragwerken aus Holz“ und ein Jahr später, im Jahr 2005, die Dissertation von A. Jakobs – Universität der Bundeswehr München – mit dem Titel „Zur Berechnung von Brettlagenholz mit starrem und nachgiebigem Verbund unter plattenartiger Belastung mit besonderer Berücksichtigung des Rollschubs und der Drillweichheit“. Im Jahre 2007 veröffentlichen H.J. Blaß und Th. Uibel einen Forschungsbericht zum Thema „Tragfähigkeit von stiftförmigen Verbindungen in Brettsperrholz“ und in den Jahren 2006, 2007 und 2008 finden die ersten themenbezogenen Fachtagungen in Österreich und der Schweiz statt. Ende 2008 verteidigt A. Gülzow an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich seine Dissertation mit dem Titel „Zerstörungsfreie Bestimmung der Biegesteifigkeiten von Brettsperrholzplatten“. Die Dissertation von Th. Moosbrugger – Technische Universität Graz – zum Thema „Mechanik geschichteter Strukturen“ (Arbeitstitel) steht unmittelbar vor dem Abschluss und soll 2010 eingereicht werden. Aus den oben erwähnten Forschungsaktivitäten wird ersichtlich, dass diese vorwiegend dem deutschsprachigen Raum – Österreich | Deutschland | Schweiz – zuzuordnen sind, was mit Sicherheit auch damit zusammenhängt, dass Massivbauweisen das baukulturelle Bild dieser Regionen seit jeher prägend beeinflussen. Es wird aber auch ersichtlich, dass die Aktivitäten beständig zunehmen und durch eine bemerkenswerte Dichte an Arbeiten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zum Ausdruck kommt. Damit verbundene Publikationstätigkeiten tragen nicht nur zur Verbreitung und Anerkennung dieser durchaus noch jungen „Alpinen Holz-Massivbauweise“ – oder besser, „Europäischen Holz-Massivbauweise“ bei, sondern führen auch dazu, dass heute weltweit Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in diesem Themenfeld gegeben sind. Neben den wissenschaftlichen Arbeiten sind insbesondere die Aktivitäten jener Unternehmer zu erwähnen und zu würdigen, die die Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz durch Entwicklungsprojekte und die Errichtung von Pilotprojekten beständig vorantreiben. 1998 wird nicht nur das erste mehrgeschossige Wohnhaus in Österreich|Steiermark errichtet, sondern im selben Jahr erhalten zwei Pioniere dieser Bauweise – KLH Massivholz GmbH (A) und Merk-Holzbau GmbH & CO KG (heute: Finnforst Merk GmbH) (D) – nationale Produktzulassungen. Zwischen 2000 und 2008 werden in Deutschland Zulassungen für weitere BSP-Produkte ausgestellt. Die erste „Europäisch Technische Zulassung (ETZ)“ steht im Jahre 2006 zur Verfügung; bis zum heutigen Datum folgen weitere vier und es kann davon ausgegangen werden, dass damit noch kein Ende gegeben ist. Im Jahr 2008 wird beschlossen, ein sogenanntes „work item“ ins Leben zu rufen, um für das Produkt (BSP bzw. CLT) die Normungsarbeit auf europäischer Ebene beginnen zu können. Die Bearbeitung soll innerhalb von CEN TC 124 | WG 3 erfolgen. An diese Stelle sei angemerkt, dass nur eine „umfassende Standardisierung“ erstrebenswert und sinnvoll ist. Unter „umfassender Standardisierung“ wird aber nicht das Festschreiben von Mindestanforderungen in Form einer Produktnorm verstanden, sondern ein Normenpaket bestehend aus Prüfnorm, Produktnorm, Konstruktionsnorm und Ausführungsnorm. Nur so wird es auch gelingen, dem, der Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz, entgegengebrachten Interesse nicht nur gerecht zu werden, sondern auch die notwendige Breitenwirkung zu ermöglichen. Sieht man von jenen Ideen und Überlegungen ab, welche insbesondere auf Schalendächer in Holzbauweise ausgerichtet sind, und fokussiert auf jene, welche als Basis für die Holz-Massivbauweise in Brettsperrholz angesehen werden können, so kann man diese mit den späten 70er- und frühen 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts in Verbindung bringen. Von der Idee bis hin zur ersten Produktzulassung vergehen somit rund 20 Jahre. Der Zeitraum von 2000 bis 2009 kann als 10-jährige Zeitspanne der intensiven Forschung und Entwicklung aber auch des Auf- und Ausbaus von Produktionsstätten und der erfolgreichen Anwendungen (die Holz-Massivbauweise wird von Architekten nicht nur wahr- sondern auch angenommen) gelten. Die nächsten 5 bis 10 Jahre sollten der oben erwähnten umfassenden Standardisierung und dem Transfer gewidmet werden. Ein erster nationaler Vorstoß liegt mit der DIN 1052:2008 vor. Diese beschreibt das Produkt Brettsperrholz (und verweist von dort auf inhaltlich leider nicht einheitliche Produktzulassungen) und beinhaltet das Kapitel „Nachweise für Flächentragwerke“ (mit einer Allgemeingültigkeit für „Brettlagenholz“). Mit dem vorliegenden Handbuch kommt es nach rund 30 Jahren zu einer Darlegung des „State of the Art“ zur Holz-Massivbauweise in Brettsperrholz. Es bleibt zu hoffen, dass es auf europäischer Ebene gelingen wird, das oben erwähnte Normenpaket in jene Form zu bringen, damit nicht nur qualitativ hochwertige BSP-Produkte mit standardisierten Aufbauten und Abmessungen, sondern zudem für den Ingenieur nachvollziehbare und ebenfalls einheitliche Nachweiskonzepte über die Normenwerke zur Verfügung gestellt werden können, womit auch eine weitere Verbreitung einhergehen kann. Querschnitte | Kombinationen | Bauteile | Systeme Im Folgenden wird auf mögliche Querschnittsformen und -aufbauten, bereits bekannte und eingesetzte aber auch mögliche Kombinationen, auf Elementformen und Bausysteme eingegangen. Die herstellerabhängigen Querschnittsabmessungen – eine Standardisierung wäre wünschenswert – reichen von einer 3-schichtigen Platte mit rund d = 51 mm bis hin zu einer 7-schichtigen Platte mit rund d = 341 mm oder einer 9-schichtige Platte mit rund d = 297 mm (Abb. 12). Abb. 12: Herstellerabhängige Querschnittsaufbauten und -abmessungen Basierend auf diesen Vollquerschnitten mit unterschiedlichen Querschnittsabmessungen und Querschnittsaufbauten lässt sich das flächenhafte Produkt Brettsperrholz ideal mit stabförmigen Produkten wie z. B. Brettschichtholz zu Hohlkasten- oder Plattenbalken- bzw. Rippenplattenquerschnitten kombinieren (Abb. 13). Abb. 13: Hohlkasten- oder Plattenbalkenquerschnitte als Kombination von BSP und BSH Die in Tab. 1 für das Bauen mit Stahlbetonfertigteilen ersichtliche Gliederung – Kleintafeln | Großtafeln | Raumzellen – hat ihre Gültigkeit auch für das Bauen mit Brettsperrholz. Kleinformatige, geschosshohe Platten mit geringeren Breiten, von z. B. b = 1,25 m, erlauben eine individuelle und verschnittoptimierte Gestaltung und Anordnung der Einzelelemente im Wand-, Decken- oder Dachverbund. Der Nachteil der Kleinteiligkeit und der damit verbundene höhere Stoßfugenanteil kann über optimierte werkseitige Abbundprozesse wettgemacht werden. Großformatige, geschosshohe und -breite und somit in Wandabmessungen vorliegende Elemente, mit einer maximalen Elementhöhe h = 3 m und -breite b = 16 m, erlauben einen werkseitigen Abbund verbunden mit dem Herausschneiden aller Öffnungen und optional dem Aufbringen der Dämm- und Fassadenelemente. Die dabei entstehenden Montagefugen sind bauseits entsprechend den statisch-konstruktiven und bauphysikalischen Anforderungen auszubilden. Modulartige Raumzellen sind mit Brettsperrholz realisierbar. Der Grad der werkseitigen Vorfertigung wird damit naturgemäß erhöht und kann bis zu 90 % erreichen (Abb. 14). Abb. 14: Einsatzmöglichkeiten für BSP-Elemente Entwicklungstrends Bevor im vorliegenden Handbuch auf den „Status quo“ dieser Bauweise eingegangen wird, soll auf das dieser Bauweise innewohnende Potenzial an Hand ausgewählter innovativer Lösungsansätze eingegangen werden. Mit dem Produkt Brettsperrholz und der damit verbundenen Holz-Massivbauweise stehen der Gesellschaft und der Baubranche im Allgemeinen sowie der Holzwirtschaft im Besonderen neue Möglichkeiten mit Breitenwirkung zur Verfügung, um ressourcenschonend und CO2-aktiv – aktiv im Sinne einer CO2-Speicherung in Holz- und Holzwerkstoffen – in nahezu alle Baubereiche vordringen zu können. Im Folgenden wird auf einige innovative Entwicklungsmöglichkeiten eingegangen. Faltwerke Das Prinzip des Faltens ist nicht nur in Konstruktionen der Natur präsent – gefaltete Blätter und Flügel, Waben –, sondern findet auch in verschiedenen Bereichen der Technik – Spundwände, Trapezprofile, Sandwichpaneele, Flugzeugtragflächen – ihren Niederschlag. So genannte „flächenaktive Tragsysteme“ in Form gefalteter Tragstrukturen entworfen und ausgeführt nach bionischen Prinzipien erlauben in Material sparender Form große Spannweiten und erweitern insbesondere das Betätigungsfeld für Brettsperrholz. Abb. 15 zeigt mögliche Faltungsvarianten, welche durchaus auch mit Flächen aus Brettsperrholz realisierbar wären. Abb. 15: Mögliche Faltwerksvarianten (Quelle: DA Battisti, 2009 [3]) Die Abb. 16 zeigt die stützenfreie Überspannung eines Dachgeschosses mit einem dreiecksförmigen Faltwerk aus 5-schichtigen BSP-Elementen mit einer Stärke d = 140 mm. Die vier Seitenscheiben (Schubscheiben) dienen hauptsächlich zur Abtragung der angreifenden Windkräfte und sind auf der darunterliegenden Decke gelagert. Das Faltwerk selbst ruht auf den beiden Giebelwänden, wodurch darunter ein beliebig nutzbarer stützenfreier Raum entsteht. Neben der stützenfreien Raumnutzung liegt ein weiterer Vorteil dieser Faltwerklösung im hohen Vorfertigungsgrad und einer damit verbundenen kurzen Montage- und Bauzeit, womit auch einhergeht, dass die darunterliegende Konstruktion witterungsgeschützt ist. Abb. 16: Dachgeschoss in Faltwerkbauweise (Quelle: links: hbf gmbh, rechts: DA Battisti, 2009 [3]) Dachraumnutzung im städtischen Raum Eine ähnliche Faltwerklösung, jedoch mit anderem Hintergrund aber durchaus ähnlicher Zielrichtung, zeigt das Beispiel einer energetisch optimierten und erdbebensicheren Aus- bzw. Umbauvariante zur Wohnraumschaffung in städtischen Dachräumen (Abb. 17). Abb. 17: Um- bzw. Einbauvariante eines Wohnraumes im Dachraum eines Gründerzeitbauwerkes Aus der Abb. 18 lässt sich der Unterschied zwischen einem Dachaus- bzw. umbau in Form einer Holz- und Stahlbeton-Massivbauweise gut erkennen. Während die resultierenden horizontalen Erdbebenkräfte bei der Holz-Massivbauweise nach oben hin stark abnehmen und somit im Erdbebenfall geringe Zusatzbeanspruchungen auf das Gebäude anzusetzen sind, führt ein Dachgeschossausbau in Stahlbeton-Massivbauweise zu einer „Kopflastigkeit“ des Bestandes. Abb. 18: Vergleich der resultierenden Erbenbebenkräfte für einen Dachgeschossumbau Alle oben erwähnten Aspekte – rasche modulartige Fertigung der Faltwerkelemente, leichte und damit erdbebensichere Aus- und Umbauvariante für den städtischen Raum – lassen den Schluss zu, dass damit eine leistungsfähige Möglichkeit vorliegt, um hochwertigen Wohnraum auch in den Schutzzonen der Städte entwickeln und errichten zu können. Erste Umsetzungen zeigen dies und lassen interessante Konzepte folgen (Abb. 19). Abb. 19: Dachgeschossumbau: Real und virtuell im Gründerzeitviertel der Stadt Graz Bauen mit System Systemlösungen – beispielsweise in Form der so genannten „Zellenbauweise“ unter Verwendung von Brettsperrholz – werden in Zukunft aus Qualitäts- und Kostengründen an Bedeutung gewinnen. Mit einer bereits heute praktizierten baukostenreduzierenden Vorfertigung werden Montage und Bauzeit auf ein Minimum reduziert. Gegenwärtig wird an sogenannten „cabin“-Lösungen – „safety cabin“, „living cabin“, „energy cabin“, etc. – gearbeitet respektive werden diese bereits umgesetzt (Abb. 20). Abb. 20: „safety cabin“ in Form eines „tornado shelters“ – Konzept und Beschusstest an der Texas Tech University|USA Resumee Die Darstellung der historischen Entwicklung der Stahlbeton-Massivbauweise und der Holz-Massivbauweise zeigt uns – trotz des zeitlichen Abstandes von rund 100 Jahren –, dass analoge Produktentwicklungsprozesse vorliegen. So befindet sich die Holz-Massivbauweise gegenwärtig am Ende der sogenannten Phase 2 – Pilotprojekte | Markteinführung | Verbreitung –, wo insbesondere brachenbezogene Aktivitäten notwendig sind, um die Holz-Massivbauweise in Brettsperrholz entsprechend verbreiten zu können. Damit gemeint sind Aktivitäten im Bereich der Forschung und Entwicklung – Nachweisführung | Ermittlung fehlender Werkstoffkenngrößen | Festlegung von Prüfkonfigurationen | Berücksichtigung besonderer Lagerungsformen | Erdbebennachweise gemäß Eurocode –, des Transfers und im Besonderen der Normung – Normenpaket bestehend aus Prüfnorm, Produktnorm, Konstruktionsnorm und Ausführungsnorm. Mit dem Inhalt des vorliegenden BSP-Handbuchs wird das Ziel verfolgt, den gegenwärtigen Stand der Entwicklung der Holz-Massivbauweise darzulegen. Auf rund 365 Seiten werden die Themen Einleitung Einsatzbereiche Technologie Modellbildung und Nachweisverfahren Verbindungstechnik Bauphysik – Hochbau – Leitdetails Anhang in der für notwendig erachteten Tiefe behandelt. Referenzen